Neue Perspektiven in lebendigen Systemen

Was ist das Wesen von lebendigen Systemen? Hat jedes Handeln im System Auswirkungen? Was sind biologische oder soziale Systeme?

Zum Wesen von lebendigen Systemen gehört, dass sie aus mehreren einzelnen Teilen beste­hen, die alle miteinander ver­knüpft und in einer zweckbestimmten Beziehung stehen. Überdies gibt es innerhalb des Systems beständig Aktionen, Reaktionen und In­ter­aktionen zwischen den einzel­nen Teilen, die sich wechselseitig bedin­gen. Da­bei sind die Beiträge jedes Teils wesentlich, um das System leben­dig und funk­tional zu halten.

Ganz praktisch: Sie mischen Hefe, Mehl, Wasser und Salz. Daraus entsteht ein Brot, das keinem der Zutaten ähnlich ist, obwohl es aus ihnen besteht. Selbst die kleinsten Zutaten – Hefe oder Salz – sind wesentlich für das Brot.

Außerdem bestehen Beziehungen zwischen lebendigen Systemen: eine Veränderung in einem kleinen System bedingt eine Veränderung in einem größe­ren überge­ord­neten System, und anders herum. Möglicherweise erkennen Sie, dass Systeme über eine lebendige und dynamische Kraft verfügen.

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Auch hierfür ein praktisches Beispiel: Der Flügelschlag eines Schmetterlings an einer kritischen Stelle der Atmosphäre – so die gängige Metapher – hat Aus­wir­kungen auf das Klima an einem anderen Ort auf der Erde.

Als menschliche Wesen bestehen wir aus mehreren biologischen Systemen, z.B. die Organsysteme oder das Verdauungssystem. Überdies können wir den Menschen auch als psychologisches System betrachten. Dann denken wir z.B. an die zwei Systeme des Intellekts, die Persönlichkeitsanteile oder Glaubens­sätze. Womöglich merken Sie jetzt: eine komplexe Angelegenheit. Gleich­zei­tig sind wir in mehrere soziale Lebenssysteme eingebun­den – wie z.B. Ver­eine, Unternehmen oder auch das System Coaching. In­dem die einzelne Person be­stimmte Möglichkeiten wählt, wählt sie diese mit all ihren Aus­wir­kungen, denn jedes Handeln hat Auswirkungen. Sind Sie sich der Auswirkun­gen Ihres handeln bewusst?

Der Unterschied zwischen offenen und geschlossenen sozialen Systeme

Was unterscheidet offene von geschlossenen sozialen Systemen? Welche Rolle spielen Macht und Dialog in lebendigen Systemen?

Jedes offene oder geschlossene soziale System reagiert auf Veränderungen von außen. Das geschlossene System begegnet neuen Impulsen von außen mit Ablehnung. Weil es von Verordnungen, Gesetzen und Befehlen durchsetzt ist, ermöglicht es nur wenig oder keine Veränderung. In der Übertreibung nehmen geschlossene System den Charakter einer „gnadenlosen Truppe“ an. Daraus entsteht eine In­toleranz gegenüber Neuerungen, Bürokratismus und Kälte in den mensch­lichen Be­zie­hun­gen. In der Folge dreht sich alles um die Macht, sei sie physischer oder psy­chologischer Natur. Dahinter steht die Überzeugung, dass Beziehungen durch Machtausübung reguliert werden müssen.

Demgegenüber bietet das offene soziale System Wahlmöglichkeiten und vertraut auf die er­folg­­reiche Auseinandersetzung mit der Realität. Weil Neuerungen als normal und sogar wünschenswert gelten, ergeben sich die Handlungen aus der Realität. Gleichzeitig wird das Selbstwertgefühl von Menschen gestärkt. Denn das offene System eröffnet den Menschen Raum für persönliche Entwicklung. Grundlage ist die Überzeugung, dass der Wert des Menschen erste Priorität hat. Daher steht das offene System mit den Mitteln des Dialogs in Beziehung zu mensch­lichen Regeln, balancierter Macht und passender Leistung. In seiner Über­treibung führt ein offenes System in Struktur­lo­sig­keit oder Autarkie.

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Jetzt fallen Ihnen sicher viele Beispiele für „schlechte“ Systeme ein. Wie sieht es mit dem sozialen System aus, in dem Sie arbeiten? Oder, lassen sich geschlos­sene Systeme in offene Systeme verwan­deln?

Die Entdeckung des Beobachters

Kooperation statt machtvoller Eingriff – liegt die Expertise im „Nicht-Wissen“ der einzig richtigen Lösung?

Zunächst herrschte gemäß der Systemtheorie von Gregory Bateson die Auffassung jedes Eingreifen von außen, z.B. durch einen Beobachter, sei langfristig schäd­lich für die Ökologie eines sozialen Systems. Trotz der positiven Absicht – die Natur des Menschen und sein Reifen zu fördern, bleibt ein Eingriff eine machtvolle Intervention. Die Entdeckung des Beobachters als Teil von lebendigen Systemen ermöglichte sodann eine kooperative Lösung.

Denn entscheidend sind die Position und die Haltung des Beobachters. Sobald der Beobachter eine sichtbare Position in lebendigen Systemen einnimmt, wird er Teil dessen, was er be­ob­achtet. Damit ist er untrennbar mit dem zu verändernden System ver­bun­den. Gleich­zeitig braucht es eine Haltung, die Selbstbeobachtung und Re­flexion des Beobachters erlaubt – ja, sogar verlangt. In der Folge erlangt er ein Bewusst­sein dafür, dass eine Lösung in einem System passend in einem anderen jedoch dys­funktional sein kann. Die Expertise des Beobachters liegt dann gerade im „Nicht-Wissen“ der einzig richtigen Lösung.

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Stattdessen ist das System in seiner lebendigen und dynamischen Kraft der Experte für die Lösung. Der Beobachter hat die Aufgabe, einen konstruktiven Dialog zu gestalten. Er vertraut in die Fähigkeit von lebendigen Systemen, aus sich selbst heraus passende Lösungen zu kreieren. Die Aufmerksamkeit richtet sich dem­nach z.B. auf das Beobachten von nützlichen Ressourcen im System. Darüber hinaus macht der Beobachter sprachlich bewegliche Angebote, die eine Vielfalt von Perspektiven zu lassen. Hierbei haben sich ganz besonders die systemischen Fragetechniken bewährt.

Mit systemischen Frage neue Perspektiven öffnen

Was sind systemische Fragen? Was bewirken systemische Fragen? Welchen Zweck verfolgen systemische Fragen?

Der Beobachter macht mit Hilfe von systemischen Fragetechniken Angebote, um neue Informationen in ein soziales System einzuführen. Denn in jeder Frage versteckt sich eine verschleierte Aussage, die die gewohnte Sichtweise auf die Umgebung potentiell verändern kann.

Nehmen wir ein kleines praktisches Beispiel aus dem Berufsalltag. In einem Team fühlen sich einige Teammitglieder durch einen männlichen Kollegen unter Leistungs­druck gesetzt.

„Was tut Ihr Kollege, was Sie `über-engagiert´ nennen?“

Dahinter steht das verschleierte Angebot: es ist keine Eigenschaft, sondern ein Verhalten des Kollegen.

„War das eher vor oder nach dem das Team eine wichtigen Kunden verloren hat, dass der Kollege entschieden hat, sich `über-engagiert´ zu zeigen?“

Die Frage ist eine Einladung, dass das Verhalten des Kollegen eine Form der Entscheidung ist – für die es möglicherweise Hintergründe gibt.

Wer im Team regt sich am meisten – wer am wenigsten darüber auf?

In der Frage steckt der verschleierte Vorschlag: in den Beziehungen der Team-Kollegen gibt es Differenzierungen.

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„Angenommen, der Kollege würde sich entscheiden,  weniger `über-engagiert´ zu sein, würden Sie und Ihre Kollegen dann mehr leisten?“

Hierin steckt die Möglichkeit, dass das Verhalten des Kollegen veränderbar ist und vielleicht mit den Beziehungen im Team zusammenhängt.

„Wenn ich Sie bitten würde, Ihren Kollegen dazu zu bringen, dass er sich `über-engagiert´ verhält, wüssten Sie, wie Sie das anstellen könnten?“

Damit entsteht Raum für die Idee, dass es für `über-engagiert´ bestimmte Kontextbedingungen gibt, die das Teammitglied zumindest teilweise selbst in der Hand hält.

Die Konstruktion von neuen Wirklichkeiten

Was charakterisiert die Organisation von lebendigen Systemen?

Die in den systemischen Fragen versteckten Einladungen regen die Konstruktion von neuen Wirklich­keiten beim Befragten an. Mit dieser Veränderung im System des Befragten, ist eine Veränderung im übergeordneten System `Team´ ver­bun­den, und anders herum. Beide Systeme beeinflussen sich wechselseitig.

Die Behauptung, ein soziales System von außen steuern zu können, ist unseriös und töricht. Ganz sicher, ein soziales System ist nur begrenzt steuerbar. Denn die lebendige und dynamische Kraft von Systemen bahnt sich ihren natürlichen Weg. Die Schöpfung zeigt dem Menschen die Grenzen seiner Macht auf. Das gilt für den Klimawandel, die Biologie des Menschen sowie soziale Systeme gleicher Maßen.

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Dennoch lassen sich mit systemischen Fragetechniken Impulse setzen. Dabei lebt die Bahnung von Fortschritt von spielerischen Leichtigkeit und Kreativität. Außerdem ist es wichtig, dass jede Einladung an das System leicht und ohne Gesichtsverlust einfach verworfen werden kann. So findet sich ein passendes Angebot für eine neue Sichtweise auf die Situation.

Von lebendigen Systemen in der Natur lernen, d.h. neue Perspektiven für Organisationen anbieten. Wir entwickeln Unternehmen (KMU) aus sich selbst heraus.

Gestalten von Zukunft – wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

5 Kommentare

  1. Kooperation statt machtvoller Eingriff gefällt wir ausgezeichnet! Ich kann mir vorstellen, dass es viel Vertrauen in diese lebendige Kraft des Systems erfordert. Besonders, wenn sich z.B. ein Unternehmen Jenseits von Hierarchien neu organisieren möchte, weil es so neu, unbekannt … ja, doch sehr fremd ist.

    1. Hallo Nuvanda,

      Dankeschön für Deine interessanten Beitrag: Du scheinst über eine ausgeprägte und präzise Vorstellungskraft zu verfügen.

      Aus meiner Beratungserfahrung kann ich Dir sagen, dass viele Unternehmen neue Organisationsformen an einer passenden Stelle – vielleicht für eine begrenzte Zeit – erproben. Genau aus dem von Dir so treffend beschrieben Grund 🙂

  2. Spannender Artikel! Vor allem der Aspekt des Beobachters und das lebendige System als Experte für die Lösung liefern interessante Denkanstöße.

    1. Herzliches Dankeschön, Carla! Du schreibst anhand von konkreten Aspekten hast Du „Interessante Denkanstöße“ erhalten – das löst ein Gefühl von Zufriedenheit und Verbundenheit bei mir aus. You made my day 🙂

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